Es gibt kein natürliches Bauen

Interview mit Peter Bleier zum Thema „Ökologie, Bauen und leistbares Wohnen“

Peter Bleier, Jahrgang 43. Nach Besuch eines humanistischen Gymnasiums Studium der Architektur. Arbeit in Deutschland und Österreich als Architekt. Assistent an der Fakultät für Architektur und Raumplanung an der TU Wien in der Örtlichen Raumplanung. Ziviltechniker, selbstständig mit Planungsbüro. Arbeit für eine Fertighausfirma mit Schwerpunkt ‚ökologisches Bauen‘.

Ich frage gleich direkt: Ist ökologisches Bauen und leistbares Wohnen ein Widerspruch?

Nein und ja, denn es kostet aktuell mehr. Ich erinnere mich an einen ehemaligen Studenten von mir, der Bauphysiker ist und mir mitteilte, dass er sein Haus ökologisch baut anstatt eine Weltreise zu machen. Es sind einfach die Materialien, die ökologisch einwandfrei sind, aber keine Massenprodukte und dadurch teurer. Die ökologischen Folgekosten jedoch sind in Jahrzehnten gesehen höher.

Das heißt als Massenprodukt wären Sie leistbarer?

Natürlich. Dies zeichnet sich aber leider nicht ab. Um diese Entwicklung zu ermöglichen wäre eine massive Förderung von staatlicher Seite nötig. Die würde sich aber anhand der ökologischen Folgekosten vermutlich schon innerhalb einer Generation, also 30 Jahren rechnen, gesamtgesellschaftlich gesehen.

Wieso treten dann die Parteien nicht dafür ein?

Es gibt eine Lobby, die dies verhindert. Große Firmen, die mit dem üblichen Dämmmaterial groß im Geschäft sind sehen keinen Anlass und Grund etwas zu verändern. Nötig wäre hier eben auch gesetzlicher Zwang mit Pönalen oder ähnlichem.

Du sprichst vom Dämmen. Was hat dies mit Ökologie zu tun?

Alles. (Lacht). Der Energieverbrauch eines Wohnobjektes hängt maßgeblich von der Qualität der Dämmung ab, denn damit wird reguliert, wie viel Wärme hinaus (Winter) oder hinein (Sommer) geht. Das wird angesichts des Klimawandels auch für die Kühlung zunehmend relevant. Maßgeblich für den Dämmaufwand ist die Spreizung.

Spreizung?

Das ist die Differenz von niedrigster und höchster Temperatur im Jahresverlauf. Diese ist ähnlich für die meisten Länder.

Was kennzeichnet ökologische Dämmmaterialien?

Nun zuerst möchte ich sagen: Es gibt kein natürliches Bauen. Jedes Bauen ist wider die Natur. Die Natur wächst. Ökologische Dämmstoffe eben sind welche, die nachwachsen und deren Energiekosten in der Erzeugung („graue Energie“ von Wohnobjekten) möglichst gering sind, z.B. Zellulose-Einblasdämmung.

Was würdest du idealerweise empfehlen als Fachmann?

Eine Mischung aus Nutzung erneuerbarer Energien, ein Pönale für unökologisches Dämmmaterial, wie zB Styropor, eine Förderung von ökologischem Dämmmaterial und einen Verzicht auf die perfekten bestehenden Stadtbilder, da eine Nachdämmung die Fassaden massiv verändern würde.  Hier sei anzumerken, dass es eben eine neue Ästhetik braucht.

Was möchtest du noch zum Abschluss sagen?

Es kann nicht sein, dass der Schutz der Umwelt zum Privatvergnügen Wohlhabender verkommt. Die Grüne Partei sollte hier entschlossener vorgehen gemäß den skizzierten Überlegungen.

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