Der Lagezuschlag: Ein probates Mittel zur Aushebelung der Richtwertgrenze

von Dieter Scholz

Bei Wohnungen in Bauten, erreichtet vor 1945 (vulgo Altbauten) gilt der Wiener Richtwert, zur Zeit 5,58€. Zu diesem Richtwert kommen nun Zu- oder Abschläge dazu. Wesentlich ist dabei der Lagezuschlag, der bisher vom geschätzten Grundstückspreis berechnet wurde. Grundlage dafür war auch die Wiener Lagezuschlagskarte der MA 25 zur Beurteilung, ob ein Lagezuschlag zulässig ist (Erfunden im Jahre 1994).Auffällig dabei ist es, dass es nur durchschnittliche oder überdurchschnittliche Lagen gibt. Diese Bewertungen werden auch von Sachverständigen und der Schlichtungsstelle angewendet.
Ein Beispiel: Im ersten Bezirk kommt auf den gestiegenen Wiener Richtwert von € 5,58 ein ebenfalls teurer gewordener Lagezuschlag von € 10,93 hinzu. Dadurch entsteht hier eine Miethöhe von € 16,51 (wenn noch die anderen Zuschläge mitgerechnet werden, kann diese Miete sogar noch etwas höher werden). Damit liegt der zulässige Mietzins in einer Preisklasse, die dem freien Mietzins entspricht. Als Mietzinsbegrenzung ist eine derartige Miethöhe aber kaum tauglich (https://mietervereinigung.at/4889/Lagezuschlag-Wien).
Ein Urteil des Obersten Gerichtshofes hat nun dieser Praxis (Nutzung des geschätzten Grundstückspreises als Bewertungsgrundlage) einen Riegel vorgeschoben (Entscheidung 5 Ob74/17v). Das Urteil stellt klar, das der Grundkostenanteil zur Frage, ob eine Lage als überdurchschnittlich zu bewerten sei, nichts aussagt. Es ist stattdessen „auf die allgemeine Verkehrsauffassung der Erfahrung des täglichen Lebens abzustellen“, heißt es im Urteil. „Zur Beurteilung, ob eine konkrete Lage (Wohnumgebung) aufgrund ihrer Eigenschaften als besser als durchschnittlich zu quaifizieren ist, bedarf es eines wertenden Vergleichs mit anderen Lagen. Der OGH weiter: „Dabei hat der Vermieter den Nachweis zu erbringen, dass es konkrete Anhaltspunkte (Wohnungsumgebungsfaktoren) gibt, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage erlaubt.“ Die bloße Erreichbarkeit von öffentlichem Verkehr, Supermärkte in naher Umgebung (weniger als 5min zu Fuß) sind keine Kriterien mehr. Damit ist die Lagezuschlagskarte der MSA25 gegenstandslos, da sie nur Grundkostenanteile abbildet. Wieder die Mietervereinigung: „Dadurch sind auch unterdurchschnittliche Lagen möglich“ .  Denn bisher waren in Wien70 bis 80% des bewohnten Stadtgebietes überdurchschnittlich.  Der Wiener Wohnbaustadtrat, damals noch Ludwig, erhofft sich dadurch eine Verbilligung von bis zu 20%.
Die Bundesregierung plant nun (unter anderem) die Aufhebung des Lageverbotes in Gründerzeitvierteln, wo bisher ein gesetzliches Verbot von Lagezuschlägen gültig war. Dies würde die Mietkosten schlagartig im bis zu 2,5€ pro Quadratmeter bedeuten. Also eine 70m2 Wohnung von mehr als 200€ im Monat.
Quelle: Wiener Zeitung vom 9. Jänner 2018, Seite 15.

Die Wiener Grünen sind gegen diese von Türkis-Blau geplanten Änderungen. Vielmehr wird gefordert, den Stichtag Richtwertzins abzuschaffen. An seine Stelle sollte treten, dass alle Wohnbauten, die älter als dreißig Jahre dem Richtwertzins zu unterwerfen.
Dies alles zeigt, wie wichtig es ist, eine Partei zu wählen, die konsequent für die Interessen der Mieter eintritt, denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis.

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