Wie sich die Zeiten ändern: Wien baut wieder Gemeindebauten

Wien baut wieder Gemeindebauten, zwar nicht selbst (sie lässt Bauen), aber immerhin, die Stadt ist indirekt über eine Tochter der Gesiba (51% im Eigentum der Stadt) Eigentümer. Nach fünfzehnjähriger Unterbrechung, denn Wohnbaustadtrat Feymann hatte das Programm aufgegeben. Sein Nachfolger Ludwig war überzeugt von der Idee, mit dem Geld der Stadt den gemeinnützigen Wohnungsbau zu unterstützen. Erfreulich, dass es hier ein Umdenken gegeben hat (Michael Häupl, Wahlkampf 2015 und auf innerparteilichem Drängen). Nach 2004, dem letzten Gemeindebau in der Rößlergasse 15, werden nun in der Fontanagasse 3, der Liegenschaft der ehemaligen AUA-Zentrale, neue Gemeindebauten übergeben.
Die NMPB Architekten hatten sich „mit einer Neuinterpretation der klassischen Blockrandbebauung“  beim Wettbewerb durchgesetzt. Die Anlage hat durch den Umgang mit den Freiflächen (Balkone bis in den dritten Stock, darüber nur noch Loggien, und mit den beiden Einschnitten im vorderen, direkt an der Fontanastraße gelegenen Baukörper) wieder den Anschein einer Burg. Damit schließt diese Architektur, wenn auch in verspielterer Gestaltung der Fensteranordnung, durchaus an die „Arbeiterburgen“ der Zwischenkriegszeit an. Benannt wurde der neue Gemeindebau nach Barbara Prammer, der früheren Nationalratspräsidentin.
Vermietet wird von Wiener Wohnen, als Inhaber*in eines Wiener-Wohn-Tickets konnte man sich für eine der 120 Wohnungen bewerben. Die Miete ist mit 7,50€ gedeckelt. Eigenmittel sind nicht erforderlich, ebenso wenig eine Kaution, die Mietverträge sind unbefristet.
Rechtlich betrachtet entsprechen die „neuen“ Gemeindewohnungen einem geförderten Wohnbau und unterliegen damit dem Mietrechtsgesetz, sodass die gedeckelte Miete nur bis zum Ablauf der Förderung verpflichtend ist. Danach ist ein „angemessener“ Mietpreis zulässig, also eine Marktmiete wie bei allen Nachkriegsgemeindebauten. Damit hängen die Konditionen dann vom Goodwill der jeweiligen Stadtregierung ab. Und, wie AK Experte Walter Rosifka noch feststellt sind sämtliche älteren Gemeindewohnungen bei aktueller Neuvermietung teurer als die in der Fontanagasse. Seit 2012 vergibt die Stadt Wien die Wohnungen zum Wiener Richtwert, aktuell 5,81€, was mit Betriebskosten und Umsatzsteuer auf rund 8,50€ pro m2 kommt.  
Inwieweit es sich hier also mit der Bezeichnung Gemeindebau um einen Etikettenschwindel handelt…?
Geplant sind jedenfalls 3700 weitere Bauten.

Quelle: Der Standard 4. 11. 2019

und hier: https://wien.gruene.at/wohnen/der-erste-gemeindebau-neu-ist-fertig

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