Wohnen: Wien will weiter

von Michael Josef Seiss. Unter dem Motto „Wien will weiter“ planen die Grünen Alsergrund bis Sommer 2020 eine Reihe von Veranstaltungen. Der Auftakt wurde nun mit GR Peter Kraus und der grünen Klubobfrau des 9. Bezirks, zum Thema „Wohnen“ gemacht. In der Einleitung thematisierte Josefa Molitor-Ruckenbauer so gleich das Wohnen als Menschenrecht in Anbetracht einer anhaltenden Prekarisierung der Wohnsituation in Wien, welche in den letzten Jahren zu beobachten ist. Peter Kraus konkretisierte zunächst die Entwicklung der Wiener Wohnsituation:

Wien ist eine 1,9 Millionen Einwohner*innen-Stadt und in den letzten zehn Jahren durch ein Wachstum von ca. 200.000 Personen geprägt. Vor 100 Jahren war die Antwort auf die Wohnungsthematik im roten Wien der Gemeindebau, welcher neben der Wohnversorgung auch eine sozial-transformative Funktion hatte, indem Kindergärten und Freiräume geschaffen wurden. Der Erfolg des Wiener Modells beruht nach wie vor darauf, dass Wien seinen Wohnungsbestand nie verkauft hat. Derzeit sind ca. ¼ der Wohnungen im Eigentum der Stadt. In Summe werden sogar 60% des Wohnungsmarktes von genossenschaftlichen oder kommunalen Wohnbauten abgedeckt. Das bedeutet, dass weitere 20% im Eigentum leben und lediglich 20% in Mietverhältnissen. 75% der Wiener*innen haben grundsätzlich Anspruch aufgrund ihres Haushaltseinkommens auf sozialen Wohnbau, wodurch Wohnpolitik eine Politik für den Mittelstand ist. Da aber Grund und Boden nicht nachwachsen ist das Wiener-Modell strategisch erfolgreich, da hier nur ein geringer Anteil den freien Kräften am Markt überlassen, und der weit größere Teil staatlich über die Wohnbauförderung reguliert wird.

In den letzten zehn Jahren wurde der Wohnungsbedarf zur Hälfte durch Nachverdichtung und zur Hälfte durch Neubau in großen Stadtentwicklungsgebieten gedeckt. Mit der Finanzkrise 2008 jedoch flüchtete viel Kapital in den Wohnungsmarkt. Grund und Boden stieg im Preis, sodass sozialer Wohnbau einfach nicht mehr finanzierbar war. Und zwar trotz strategischem Ankauf von Grund und Boden durch die Stadt Wien. Deshalb hat sich in den letzten zehn Jahren das Verhältnis 60/40 sozialer Wohnbau zu Eigentum bzw. Miete umgedreht. Mit der Novelle der Bauordnung jedoch hat die rot-grüne Stadtregierung hier gegengesteuert: Auf Grundflächen von >5.000m² müssen zumindest 2/3 der Fläche für den sozialen Wohnbau verwendet werden. Dadurch wurde der Boden der Spekulation entzogen, und die ersten Rückmeldungen der Genossenschaften sind positiv über ihre Handlungsspielräume und Möglichkeiten am Markt. Für die Zukunft stellt die „Wiener z’erst“-Politik der SPÖ Wien ein sehr aktuelles Problem dar. Das verschärft die Zugangskriterien für Neumigrierte und macht ihren Zuzug in die Stadt schwieriger. Weitere kritische Themen sind die Lösung der Frage nach Ökologie und Bauen durch richtiges Baumaterial, sowie weiteres verdichtetes Bauen in der Stadt. Dazu gehört auch das Thema der Qualitätssicherung im privaten Wohnbau, welche vorab von den Immobilienfirmen an die Politik versprochen wurde

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