Erstaunliches vom Wohnturm Alt-Erlaa
Das Mietrecht für ein Penthaus im Wohnturm Alt-Erlaa wird jetzt für 550.000 € angeboten
Der Wohnpark Alt-Erlaa hat mehr als 3100 geförderte Mietwohnungen, geplant und errichtet zwischen 1973 und 1985 vom Wiener Architekt Harry Glück gemeinsam mit Kurt Hlaweniczka und Requat & Reinthaller. Der Wohnpark ist ein Leuchtturmprojekt des sozialen Wohnbaus in Wien.
Eigentümer ist die Gesiba, die fast zu 100% im Besitz der Stadt Wien ist. Jetzt wurde auf einer Immobilienplattform ein Penthaus, eine begehrte Dachgeschoßwohnung im 27. Stock, 155m2 Wohnfläche, vier Zimmer, zwei Bäder und zwei separaten WCs, sowie Garten und Einbauküche „Zur Weitergabe“ angeboten, zum Preis von 550.000 €. Mit der Anmerkung „renovierungsbedürftig“.
Der Swimmingpool ist auf dem Dach, die Sauna und die Gemeinschaftsterrasse „mit Rundumblick befindet sich auf derselben Höhe und ist 30 Sekunden erreichbar“. Die Wohnung selbst bleibt weiterhin im Besitz der Gesiba, denn verkauft wird hier nur „das unbefristete Miet-, Weitergabe- und Untervermietrecht“. Enthalten darin sind auch 120.000 € Finanzierungsbeitrag.
Wie ist das möglich? Laut Gesiba Chef Ewald Kirschner ist das alles legal, da vor 40 Jahren hier bei vier Dachgeschoßwohnungen das Modell der „Mietzinsvorauszahlung“ angewendet wurde. Der erste Mieter (wer das wohl war?) hat 2,1 Millionen Schilling (152.613 €) als Mietvorauszahlung geleistet. Der Bestandsvertrag ist bis 2078 im Grundbuch verzeichnet. Die vier Dachgeschoßwohnungen wurden damals nämlich frei finanziert errichtet.
Aber da gibt es klare andere Meinungen, z.B. der AK Wohnrechtexperte Walter Rosifka. Die Wohnung unterliegt eindeutig dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), denn sie ist und bleibt im Eigentum einer gemeinnützigen Gesellschaft. Ablösen ohne plausible Gegenleistung verbietet das WGG.
Makler Georg Tauzher (Planethome Immobilien) sichert nach dem Gespräch mit dem Standard zu, das alles nochmals zu überprüfen. Ein Anruf beim Gemeinnützigen-Verband zur Klärung der Frage, ob die Gesiba so einen Vertrag überhaupt abschließen durfte, hieß es, die heutige Chefetage der Gesiba sei an die alten Verträge gebunden und könne daher nichts machen.
Dennoch sollten eventuelle Nachmieter den Vertrag, z.B. bei der Schlichtungsstelle überprüfen lassen. Die Gesamtmiete ist recht günstig: 956 €.
Dieter Scholz.
Quelle: Der Standard, 22. Juni 2020