Sozial-liberale Fortschreibung Grüner Wohnpolitik mit marktfreundlichen Vorzeichen

von Martin Grabler und Elisabeth Kittl

Zusätzliche Gemeindewohnungen, ein nachhaltiges Bauprogramm inklusive Fassadenbegrünung und ressourcenschonender Energieversorgung, sanfte Nachverdichtung im Gemeindebau, konsequentes Vorgehen gegen unzulässige Nichtnutzung oder Untervermietung von Gemeindewohnungen, Regulierung von Kurzzeitvermietungen über Online-Portale.

Das alles und noch mehr liest sich wie das Programm der Wiener Grünen zum Thema Wohnen. Judith Pühringer, designierte Nichtamtsführende Stadträtin der Grünen, hat in einem Kommentar in der Tageszeitung Standard die „Fortschrittskoalition“ von SPÖ und NEOS spöttisch als „Fortschreibungskoalition rot-grüner Vorhaben“ bezeichnet.

Zu Recht. In welche Richtung sich die wohnpolitischen Schwerpunkte der neuen Stadtregierung entwickeln werden, bleibt jedoch abzuwarten. Mittels Copy-Paste von Grünen-Papieren Überschriften zu basteln ist die eine Sache.

Die andere jedoch: Welche Maßnahmen sind zu erwarten, welche Probleme sollen in den nächsten fünf Jahren wie gelöst werden?

Es lohnt ein Blick auf das rot-pinke Koalitionspapier: Bei Bauträgerwettbewerben, zum Beispiel, soll ein besonderes Augenmerk auf Klima-Resilienz und Maßnahmen gegen sommerliche Überhitzung gelegt werden – mit einem Maßnahmenmix zur Begrünung, Kühlung, Beschattung und Durchlüftung. So weit, so bekannt, schließlich bildet Ökologie schon seit vielen Jahren eine der vier Säulen der Bauträgerwettbewerbe. In der Theorie. In der Praxis gilt es kritisch zu hinterfragen, inwieweit diese Maßnahmen dann auch tatsächlich umgesetzt werden.

Viele geförderte Neubauprojekte präsentieren sich bei der glanzvollen Eröffnung durch die politische Elite der Stadt als einsame Gebäudeoasen mitten in einem Asphaltmeer, mit einzelnen blätterverzierten Gewächsen, die schon aufgrund ihrer winzigen Größe nicht als Bäume wahrgenommen werden können. Bei den Pressefotos muss höllisch aufgepasst werden, dass nicht nur Müllräume und leerstehende Erdgeschoßzonen mit aufs Bild kommen.

Keinerlei Maßnahmen, wie gegen Bodenspekulation vorgegangen werden will, werden angesprochen. Ein kurzer Blick in die Bundesländer könnte hier schon als Ideengeber dienen. Damit Bauland nicht gehortet wird, um es irgendwann mal, dank der von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Infrastruktur und der steigenden Preise gewinnbringend zu verkaufen, werden Baulandwidmung befristet. Werden sie nicht innerhalb der Frist bebaut, erhält die Gemeinde ein Vorkaufsrecht oder widmet die Liegenschaft wieder in den Vorzustand um.

Wie gegen den Leerstand im privaten Bereich vorzugehen ist, findet sich im rosaroten Koalitionsabkommen nicht. Daweil brauchen die Neos nur über den so beschworenen Tellerrand nach Deutschland schauen. Dort muss Leerstand nämlich verpflichtend gemeldet werden. In Paris wird Leerstand schon besteuert und in Barcelona geht die Stadt soweit, leerstehende Wohnungen zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis zu übernehmen, um sie dann leistbar zu vermieten.

Das sozial-liberale der Koalition hat schon seine Spuren hinterlassen: Keine Maßnahmen werden getroffen, um der Spekulation vorzubeugen. Der Marktwert der Ware Immobilie darf steigen und steigen und der Grundstücksbeirat schaut auch noch drauf, dass alles hübsch aussieht…

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