Wohnen in Berlin

Berliner Bezirk macht ernst. Häuserkauf durch Rocket Internet verhindert

Die Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet stößt bei ihrem angestrebten Einstieg in den Berliner Immobilienmarkt auf Widerstand. Den geplanten Kauf dreier Häuser in Kreuzberg vereitelte der Bezirk.

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat sein Vorkaufsrecht für die Urbanstraße 67 genutzt. Die Häuser gingen an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag und eine Genossenschaft.

Aus Rocket Internet sind Unternehmen wie Zalando, Hello Fresh und Home24 hervorgegangen. Aus Mangel an ähnlich aussichtsreichen Ideen ließ sich Vorstandschef Oliver Samwer im Juni von den Aktionären grünes Licht geben, nun auch Immobiliengeschäfte zu machen.

Kritiker und Kritikerinnen warnten davor, dass Rockets Millionen den Mietenanstieg in der Stadt beschleunigen könnten. Berliner Bezirke haben zuletzt mehrfach ihr Vorkaufsrecht genutzt mit dem Ziel, die Preisspirale zu durchbrechen.

Das alles sind wichtige und gute Ansätze, um das Spekulationsvermögen mit seinem Gewinnmaximierungsbestreben wenigstens teilweise zurück zu drängen. Sich wehren hilft.

Quelle: ORF online

Wie geht`s weiter mit „Wohnen in Berlin“?

Die Pläne der mitregierenden Linke. Katrin Lompscher (die Linke) plant einen „Mietdeckel“, ein Vorhaben, dass am 18. Juni dem Berliner Senat vorgelegt werden soll, beinhaltet ein Verbot von Mieterhöhungen für fünf Jahre. Dazu bei Neuvermietungen darf die Neumiete höchstens so hoch sein, wie beim Vormieter. Zu hohe Mieten sollen abgesenkt werden. Modernisierungen, die auf den Mieter umgelegt werden sollen, brauche eine Genehmigung, wenn die Mieten dadurch um mehr als 50 Cent/m2 steigt. Vermieter, die sich nicht an die Regeln halten droht eine Strafe bis zu 500 000€. Das Gesetz soll ab 2020 gelten.
Die Aktien der Wohnimobilienfirmen, wie Deutsche Wohnen, verloren deutlich, der Ansatz liegt also richtig. Wohnen darf kein Spekulationsgeschäft bleiben. Da sind doch viele Anregungen für Wien in dem Entwurf drinnen, es wird spannend, wie der Berliner Senat die Materie behandelt.

Dieter Scholz; Quelle „Die Presse“ 8. Juni 2019

Und noch einmal Berlin

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hat 77 001 Unterschriften innert zwei Monaten gesammelt. Mit der Übergabe nahmen die Organisator*innen eine weitere Hürde zu einem Volksentscheid, denn zur Einleitung eines Volksbegehrens in Berlin müssen 20 000 Unterschriften innert sechs Monaten gesammelt werden. Es ja nicht wirklich um eine Enteignung, sondern um eine Vergesellschaftung. Der Begriff Enteignung wurde, sagen die Organisator*innen, nur gewählt, da er griffiger klingt. Die Pläne sehen die Vergesellschaftung von Wohnungen vor. Diese sollen von landeseigenen Gesellschaften übernommen, die Eigentümer finanziell entschädigt werden.
Grundsätzlich sind die Ergebnisse dieser Initiative interessant, um zu sehen, was konkret passiert und was die Folgen sind.
Weiters hat sich der rot-rot-grüne Senat in Berlin dafür ausgesprochen, die Mieten in der deutschen Hauptstadt für fünf Jahre einzufrieren.
Die deutsche Bundesregierung ist darüber naturgemäß nicht erfreut, denn „Es muss weiter interessant und attraktiv sein, in Wohnraum zu investieren“ (Merkel), wobei es immer wieder darum geht, welches return of investment als attraktiv gilt. Zahlen sind da kaum zu erhalten.
Quelle: Der Standard, Sa/So. 15./16. Juni S.21

Berlin 3. Berlin macht Ernst
Erstmals wird ein Hausbesitzer, allerdings nur vorübergehend, enteignet. Das leerstehende Mehrfamilienhaus in Steglitz-Zehlendorf, das der Eigentümer seit 20 Jahren nicht saniert hat soll einem Treuhändler übergeben werden, der eine Sanierung des Gebäudes, bei dem das Dach und einige Fenster nur mehr mit Planen abgedeckt sind, veranlassen wird. Der Bezirk oder die Treuhandgesellschaft strecken die Kosten einer Million Euro vor, danach soll aber der Eigentümer die Kosten übernehmen. Kann er oder will er das nicht, droht die Zwangsversteigerung.

Rechtliche Grundlage: Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Es wurde 2018 novelliert und soll den Bestand von Mietwohnungen schützen.  Damit will die Stadt gegen die überbordende Vermietung durch Plattformen wie Airbnb und eben auch gegen Spekulanten und Eigentümer*innen vorgehen, die ihre Häuser absichtlich leer stehen lassen. Seit der Überarbeitung des Gesetzes müssen die Bezirke Wohnungs-Leerstand nur mehr drei Monate statt sechs Monaten dulden. Längere Leerstände müssen beantragt werden. Vergehen kann mit einem Bußgeld bis zu 500 000€ bestraft werden. Ebenso können die Bezirke über das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung von Wohnraum einfordern. Auch hier gibt es bei Verweigerung die Treuhandlösung.
Der obige Hausbesitzer hat bei Verhandlungen vor dem Gericht mehrfach die Sanierung versprochen, aber nicht eingehalten. Er besitzt noch weitere – leestehende – Häuser in Berlin. Quelle: Der Standard, 15./16. Juni 2019, Immobilienstandard

Berlin 4. Mietendeckel im Berliner Senat beschlossen

Der Berliner Senat hat die Eckpunkte des vieldiskutierten Papieres der Bausenatorin Katrin Lompscher angenommen. Die Vermieter dürfen fünf Jahre lang keine Mieterhöhungen vornehmen, weiters ist eine absolute Mietobergrenze geplant, die sich an einer ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren soll. Wer als Mieter mehr zahlt, und das sind in Berlin sicherlich alle, die in der letzten Zeit einen neuen Mietvertrag abgeschlossen haben, sollen diese Miete herabsetzen dürfen.


Damit wurde Lompscher naturgemäß zum Feindbild der privaten Immobilienwirtschaft. Als diese Pläne das erste Mal bekannt wurden, sind die Aktien der großen Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen und Vinovia stark gefallen. Der Eigentümerverband Haus & Grund empfahl seinen Mitgliedern, rasch noch die Mieten zu erhöhen. Wieviele das getan haben, ist noch nicht bekannt. Lompscher kommt aus Ostberlin, sie hat nach einer Ausbildung als Baufacharbeiterin an der Hochschule für Architektur und Bauwesen studiert und mit einem Diplom als Ingenieurin für Städtebau abgeschlossen. Sie ist vom Fach und von der Linkspartei. Da jetzt bundesweit in der SPD Vorschläge zur Mietobergrenze diskutiert werden, konnte sie ihre Pläne in der Rotrotgrünen Koalition in Berlin durchsetzen.
Auch wenn die landeseigenen Baugesellschaften die geplante Anzahl von 30 000 Wohnungen nicht ganz erreichen werden, so ist damit doch ein gewisser Ausgleich zur erwarteten Zurückhaltung von privaten Investoren gegeben.
„In einer Demokratie, die den Namen verdient, müssen die Bürger und Bürgerinnen die Gesetze, unter denen sie leben wollen, selbst bestimmen können – und keine Marktmacht“. Jürgen Habermas.

Quelle: Süddeutsche, 21. Juni 2019
 

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